In manchen Kneipen oder Restaurants sollen sie regelmäßig verkehren, so hört man, aber so richtig „in freier Wildbahn“ sieht man sie fast nur vor Wahlen. Die lokalen „Wahlmänner“ und „Wahlfrauen“, die sozusagen für die Nachbarschaft kandidieren. Sie kommen in den Rat, in den Landtag und manchmal bis in den Bundestag oder das Europaparlament. Entsandt aus einem Stadtteil irgendwo im Lande. Ist es nicht ein Ungleichgewicht, eine europaweit aktive Partei zu vertreten, aber gleichzeitig auch eine Ecke der Welt wie Köpenick, Blankenese, Ehrenfeld oder Connewitz?
Lokalhelden gesucht
Wie auch auf Landesebene gilt in Städten oft der Spruch: „In XY könnte Partei Soundso einen Blumentopf aufstellen und würde gewählt.“ Was gerade – oh Wunder! – den etablierten Parteien oft viele interessierte potentielle Kandidaten beschert. Manchmal werden Semi-Prominente gegeneinander gesetzt, um ein echtes Duell auszufechten. Und ein anderes Mal entscheidet eine aufstrebende Partei, nur in den ihr nützenden Wahlkreisen überhaupt Leute anzuwerben, um strategisch sinnvoll Kräfte zu bündeln. Dann klappt das gelegentlich genau nicht mit dem Blumentopf.
Und sie entschwinden gen Europa …
Speziell vor der Europawahl aber auch zu Bundestagswahlen ist zu beobachten, wie strahlende Gesichter von Delegierten plötzlich vermehrt neben den üblichen lokalen Aktivisten aufzufinden sind. Die Kandidaten bemühen sich um Aussagen, die lokales Engagement mit dem Großen und Ganzen verbinden, das sie in Brüssel oder Berlin vertreten. Sie sind Stargast bei Stammtischen der Ortsgruppen, die nun auch mehr Öffentlichkeitsarbeit als sonst machen. Sie sind zu Gast in Diskussionsrunden im Rathaus oder der Volkshochschule und stehen natürlich an Wahlständen Rede und Antwort. Wenig später sind sie „weg“. Viel hat sich ja eh nicht verändert im Heimatort.
Das Neu-Zuschneiden von Wahlbezirken
Wie in größeren Zusammenhängen gibt es Prognosen zu Bevölkerungsentwicklung und Wahlverhalten auch für kleinste Einheiten. Um ihren Status Quo zu wahren, versuchen dann etablierte Parteien manchmal gemeinsam, andere draußen zu halten, indem sie „die Stadt neu aufteilen“. Das kann nach hinten losgehen, denn es gibt auch so etwas wie gefühlte Kiezgrenzen, die die Veränderung eines Wahlkreiszuschnittes erschweren.